Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt
Warum ein Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt?
Am 28. Januar 2010 brachte die Berliner Morgenpost unter dem Titel „Canisius-Kolleg: Missbrauchsfälle an Berliner Eliteschule“ zahlreiche Missbrauchsfälle an Kindern und Jugendlichen aus den 1970er und 1980er Jahren an die Öffentlichkeit. Der Rektor der Schule, der Jesuit Klaus Mertes, hatte einen Brief an die Absolventen der betroffenen Jahrgänge gerichtet, um dazu „beizutragen, dass das Schweigen gebrochen wird“. Neben dem o.a. Artikel wurden in derselben Ausgabe Ausschnitte dieses Briefes veröffentlicht. Der sogenannte „Missbrauchsskandal“ regt seitdem die Missbrauchsdebatte besonders im Hinblick auf christliche Institutionen, speziell die katholische Kirche an. Er hat in der katholischen Kirche zu verschiedenen Reaktionen auf unterschiedlichen Ebenen geführt. Nach Fragen der Intervention, Aufarbeitung und Rehabilitation rücken seit einigen Jahren vermehrt Präventionsansätze in den Fokus der Aufmerksamkeit.
Grundhaltung der Marienschule
Als katholische Institution, in der wir Verantwortung für junge Menschen und deren seelisches und körperliches Wohl übernehmen, beschämen uns die Missbrauchsfälle zutiefst. Wir wollen uns weder von ihnen distanzieren, indem wir sie zu Einzelfällen deklarieren, noch wollen wir den gesamten Lehrerberuf unter Generalverdacht stellen.
Eine christliche Schule wie unsere legt aus ihrem Selbstverständnis und festen Glauben an die Kraft der Nächstenliebe heraus besonderen Wert auf eine persönliche und wertschätzende Lehrer-Schülerbeziehung sowie ein achtsames und würdevolles Miteinander unter den Schülerinnen und Schülern.
Wir wollen keine Atmosphäre des Misstrauens säen, wenn wir betonen, den institutionellen
Schutz unser Schülerinnen und Schüler vor sexuellen Übergriffen ernst zu nehmen. Wir werden uns mutig und aktiv für einen Schutzraum einzusetzen, in dem niemand wegsieht und hadert, sondern in Verdachtsfällen kompetent und engagiert eingreift und Unterstützung leistet.
Unsere Schülerinnen und Schüler sollen wissen, dass wir sie und ihre Grenzen wahr- und auch ernst nehmen, dass wir ihnen zuhören und ihnen helfen.
Die Marienschule der Ursulinen in Bielefeld kommt als Rechtsträger also nicht nur ihren Verpflichtungen, sondern auch ihrer Überzeugung nach und gründet ihr individuelles institutionelles Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt auf den rechtlichen Grundlagen der PrävO.
Darüber hinaus haben wir in einem Arbeitskreis aus Schulleitung, Präventionsfachkraft, Beratungslehrerin, der schulinternen Steuergruppe, Schülervertretern und Elternvertretern einen Verhaltenskodex und eine Achtsamkeitsvereinbarung erarbeitet, die auf den in unserem Schulprogramm verankerten christlichen und humanistischen Werten sowie auf von uns geachteten pädagogischen Konzepten fußen.
Uns ist bewusst, dass wir durch Besonnenheit, Wachsamkeit und Entschlossenheit zwar die Risiken von sexualisierter Gewalt verringern, unseren Schülerinnen und Schülern aber wohl niemals absoluten Schutz garantieren können. In jedem Fall aber ist es unser Ziel, eine Geheimniskultur an unserer Schule zu verhindern, um Missbrauch, welcher Art auch immer, vorzubeugen oder frühzeitig zu beenden. Achtsamkeit bedeutet für uns, dass wir uns für offene Gesprächskulturen, ein von Grundvertrauen geprägtes Lehrer-Schüler-Verhältnis, ein freies und transparentes Beschwerdeverfahren sowie ein respektvolles Miteinander an unserer Schule einsetzen.
Unser Schutzkonzept trägt in diesem Sinne hoffentlich dazu bei, die Marienschule für unsere Schülerinnen und Schüler zu einem sicheren Ort des Heranwachsens, Lernens und individuellen Aufblühens zu machen.