Auch in diesem Jahr haben die Leistungskurse Geschichte und Pädagogik des Jahrgangs Q2 vom 14.-18. Januar im Rahmen einer Kursfahrt nach Krakau die Möglichkeit gehabt, die Gedenkstätte Auschwitz in Polen zu besuchen.
Am 14.01. haben sich insgesamt 29 Schülerinnen und Schüler der Leistungskurse Geschichte und Pädagogik der Q2 in Begleitung von Frau Ridder (Kursleiterin LK PA), Frau Hornjak (Kursleiterin LK GE) und Frau Hoener am frühen Sonntagmorgen auf den Weg nach Krakau, der ehemaligen Königsstadt Polens, gemacht.
Nach einer langen Busfahrt erreichten wir am frühen Abend schließlich unser Hotel, welches sich unweit der Krakauer Altstadt und der bekannten „Tuchhallen“ befand. Am Abend hatten alle die Möglichkeit das verschneite und sehr kalte Krakau kennenzulernen und sich von der langen Busfahrt zu erholen.
Da die Weihnachtszeit im streng katholischem Polen bis in den Februar hineinreicht, präsentierte sich die Stadt mit zahlreichen Lichtern, geschmückten Tannenbäumen und Krakauer Krippen im weihnachtlichen Glanz, welcher eine ganz besondere Atmosphäre ausstrahlte.
Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zur Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Nach einer anderthalbstündigen Busfahrt erreichten wir Auschwitz I, das Stammlager.
Aufgeteilt in zwei Gruppen wurden wir zunächst durch einen erst wenige Jahre alten und sehr modern gestalteten Eingang geführt. Hier wurde in bewusst schlicht gehaltener Architektur an die Opfer des Lagers erinnert, deren Namen aus Lautsprechern ertönten. Bereits an dieser Stelle ließen die Kälte und die Einführung erahnen, welche unvorstellbaren Martyrien die Opfer an diesem Ort zu erleiden hatten.
In einer zweieinhalbstündigen Führung über das Gelände des Stammlagers I begegneten wir hautnah den Orten der Gräueltaten der Nationalsozialisten. Bei eisigem Wind und Minusgraden wurde uns zunehmend bewusst, was es für die Häftlinge bedeutet haben muss, unter solchen Bedingungen und zudem unter permanentem Terror, Hunger, Krankheiten, Misshandlungen und derart menschenunwürdigsten Lebensbedingungen an diesem Ort interniert worden zu sein. Insgesamt waren wir sehr schockiert darüber, wie nahe wir dem damaligen Geschehen sein konnten, da Gebäude, Straßen, Dokumente, Fotos, Kleidung, Privateigentümer und abgeschnittene Haare der Häftlinge im Originalzustand erhalten waren. Das Stammlager erweckte ein Gefühl der Ausweglosigkeit, da man, egal wo man stand, von Häuserblocken und Stacheldrahtzäunen umzingelt war.
Im Anschluss besuchten wir das weitaus größere Territorium des Lagers Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II), welches ca. 3 km entfernt liegt. Diese Strecke, die wir im beheizten Bus gefahren sind, mussten die Häftlinge einst zu Fuß marschieren. Bereits vom Bus aus konnten wir das backsteinerne Tor des Lagers erblicken, das zu einem Symbol von Auschwitz geworden ist. Irritiert beobachteten wir eine absurde Art von „Auschwitz-Tourismus“, als die Gleise, die ins Innere des Lagers und damit für die meisten Häftlinge in den sicheren Tod führten, einem jungen Pärchen offenbar als willkommene Kulisse für ein Foto-Shooting dienten, in dem sich die Frau gekonnt und attraktiv in Szene setzte.
Auschwitz II umfasst ein 1,7 Quadratkilometer großes Areal. Als wir die „Rampe“ erreichten, an der die Häftlinge, nach einer langen und beschwerlichen Reise aus vielen Teilen Europas, aus den Zügen „ausgeladen“ und selektiert wurden, war rundherum keine Begrenzung des Lagers zu sehen. Das Lager erschien uns als ein endloses Gebiet mit Holzbaracken, umzäunt mit Stacheldraht. Die meisten der Menschen, die hier ankamen, gingen nur diesen ca. 1km langen Weg entlang der Gleise direkt zu den Gaskammern, in den sicheren Tod.
Am Ende dieser Strecke, links und rechts umgeben von Ruinen der zerstörten Krematorien, befindet sich seit den 1960er Jahren ein Denkmal, davor liegen Steine, auf denen in den Sprachen der Opfer mahnende Worte an die Nachwelt geschrieben stehen: „Dieser Ort sei allezeit ein Aufschrei der Verzweiflung und Mahnung an die Menschheit. Hier ermordeten die Nazis etwa anderthalb Millionen Männer, Frauen und Kinder. Die meisten waren Juden aus verschiedenen Ländern Europas.“
In der eisigen Kälte beteten wir gemeinsam in Gedenken an die Opfer und hielten einen Moment inne, um unsere Gedanken und Eindrücke zu reflektieren.
Anschließend wurden wir durch den Lagerblock I, in dem von 1942 bis 9145 Frauen untergebracht waren, geführt. Wir betraten den schäbigen Häftlingskrankenbau, die „Todesbaracke“, in die kranke Frauen zum Sterben gebracht wurden, nicht einmal mehr Nahrung und Wasser bis zu ihrem Ableben erhielten. Zurück am Eingangstor des Lagers endete unsere Exkursion.
Sichtlich bewegt erreichten wir am späten Nachmittag wieder unser Hotel in Krakau. Nachdem wir uns bereits auf der Busfahrt über unsere Eindrücke, Gedanken und Gefühle ausgetauscht hatten, beschlossen wir, am Abend gemeinsam etwas zu unternehmen und als Gruppe zu Abend zu essen. Auch hier mischten sich in das gemütliche Beisammensein nachdenkliche Eindrücke des Tages.
Am nächsten Tag begrüßte uns bereits früh am Morgen unsere Stadtführerin, die uns auf eine informative Stadtführung durchs winterlich verschneite Krakau mitnahm. Wir sahen unter anderem das Grunwalddenkmal und den Barbakan vor der Stadtmauer, welche zu den wichtigsten Bauwerken in der Geschichte Polens gehören. Imposant präsentierten sich auch die Tuchhallen auf dem großen Marktplatz und die gotische, römisch-katholische Marienkirche.
Im viereckigen Arkadenhof der 1364 gegründeten Universität Collegium Maius, im alten Universitätsviertel, lauschten wir dem Glockenspiel, welches zu jeder ungeraden Stunde ertönt. Abschließend ging es vom Universitätsviertel zum Wawelhügel hoch, wo das alte Königsschloss am Fuße der Weichsel über der historischen Altstadt thront. An dem Schloss liegt die Wawel-Kathedrale der Diözese Krakau. Sie bildet das religiöse Zentrum der Stadt und ist eine der wichtigsten Kirchen Polens.
Von den Schlossmauern aus sieht man die Weichsel, die einmal durch die gesamte Stadt fließt, und den Feuer speienden Wawel-Drachen am Fuße des Wawel-Felsens.
Am dritten Tag erkundeten wir das ehemalige jüdische Leben in Krakau im Stadtteil Kazimierz. Kleine, bunte Gebäude prägen das Stadtbild dieses Viertels, welches heute ein beliebter Ort für Künstler und jüdische Besucher aus aller Welt ist. Bis zum Jahr 1939 lebten 65.000 Juden in Krakau, von denen nur wenige die Grausamkeiten des Nationalsozialismus in der Stadt überlebten: Unter anderem diejenigen 1200 Juden, die das Glück hatten, auf der Liste Oskar Schindlers zu stehen.
Da wir uns intensiv im Vorfeld mit der Geschichte Oskar Schindlers und dem Film „Schindlers Liste“ auseinandergesetzt hatten, war es besonders beeindruckend, vor Ort die Originaldrehorte betrachten zu können. Der jüdische Friedhof und auch die Remuh-Synagoge ließen uns das jüdische Leben näher erfahren. Anschließend erreichten wir nach einem kurzen Fußmarsch auf der anderen Seite der Weichsel das ehemalige jüdische Ghetto und den zentral gelegenen Selektionsplatz, auf welchem heute mehrere Bronzestühle als Mahnmal der von dort aus zu tausenden deportierten Juden stehen. Anschließend hatten wir die Gelegenheit, die im Ghetto gelegene „Adler Apotheke“ zu besichtigen, die auch zu Ghetto-Zeiten weiter betrieben werden durfte. Der ehemalige Inhaber Tadeusz Panhiewicz besaß die Apotheke bereits vor Errichtung des Ghettos und bestand darauf diese während der Ghetto-Zeit weiterzuführen. Sie war Treff- und Kontaktpunkt, an dem Proviant und Arzneien für die Bewohner des Ghettos ausgegeben wurden, Dokumente gefälscht und Verfolgte aufgenommen wurden. Heutzutage ist sie originalgetreu rekonstruiert und eine kleine, moderne Ausstellung informiert gut über die Thematik.
Den Abschluss des Tages bildete der Besuch der „Deutschen Emaillewarenfabrik“ von Schindler.
Das Museum stellt die Zeit der deutschen Besatzung Krakaus von 1939 bis 1945 dar, ein besonderer Schwerpunkt ist das Schicksal der Juden im Krakauer Ghetto und im Zwangslager Plaszow im Vergleich zu den Beschäftigten in Schindlers Fabrik. Das detailreiche und abwechslungsreich gestaltete Museum zeigt zahlreiche Bilder, Zitate, Schriftstücke und viele andere Dinge, die uns das Leben in Krakau zur Zeit des Nationalsozialismus näherbrachten. Jeder Raum ein hatte seinen eigenen Charakter, eine Geschichte für sich. Auch die Geschichte um Oskar Schindler wurde sehenswert aufbereitet und so sah man im historischen Büro Schindlers die Liste, die 1200 jüdischen Menschen das Leben rettete. Dank seines Einsatzes leben heute über 6.000 Nachkommen seiner geretteten Arbeiter.
Mit vielen unterschiedlichen und nachhaltigen Eindrücken traten wir am folgenden Tag die Heimreise durch das verschneite Polen an und kehrten am Freitagmorgen wohlauf nach Bielefeld zurück.
Für alle TeilnehmerInnen stellt die Exkursion ein prägendes Ereignis dar, wodurch wir uns unserer historischen Verantwortung im Hinblick auf das Gedenken an die Opfer in der Zukunft bewusstwurden. Gerade in diesen Tagen wird uns klar, wie viel die heutige Demokratie und das Leben in Freiheit Wert sind und dass es nicht immer selbstverständlich war mit diesen Rechten zu leben. Als kommende Generation müssen wir daher die Verantwortung übernehmen, dass sich ein solches Ereignis in Zukunft nicht wiederholt.