„Haltet euch an den alten Weg und Brauch der Kirche…und lebt ein neues Leben.“

Angela Merici

Dieses Wort der Gründerin der Ursulinen prägt seit der Eröffnung der Elementar- und Pensionatsschule 1687 die Geschichte der Schulen des Conventes der Ursulinen zu Breslau, jetzt in Bielefeld. Im Laufe der Neuzeit, in unmittelbarer Nachbarschaft zur 1702 gegründeten Jesuitenuniversität in Breslau, holte der Convent die jeweiligen wissenschaftlichen und pädagogischen Möglichkeiten in die Schulpraxis ein. 1930 zählten die Schulen des Conventes in fünf verschiedenen Schulformen 1200 Schülerinnen. Mit der Schließung der Schulen 1940 setzte das NS-Regime dieser Tätigkeit zunächst ein Ende.

In Bielefeld hatte der Pfarrer von St. Jodokus, Prälat Johannes Schmidt, schon länger den Wunsch nach einem katholischen Gymnasium gehegt. Als er aus Breslau geflohenen Ursulinen begegnete, begann er sofort, diesen Gedanken zu verwirklichen. So kam es, begleitet vom Wohlwollen des Erzbischofs von Paderborn, Dr. Lorenz Jaeger, am 01.06.1946 zur Gründung der Marienschule als neusprachliches Mädchengymnasium. Dem großen Engagement der Bielefelder Katholiken und der langjährigen Schulleiterin, Mater Ludmilla Stachnik, verdankte die Schule, dass sie sich so rasch entwickeln konnte. Das Verlangen nach einer Schule mit ausdrücklich wertgebundener Orientierung war die Voraussetzung für diese Entwicklung. Pfarrer Lutterberg stellte 1950 das Gelände der Kirchengemeinde St. Johannes Baptist an der Sieboldstraße zur Verfügung, und in den Jahren und Jahrzehnten danach nahm die Schule dann ihre bauliche, heutige Gestalt an: Hauptgebäude mit Turnhalle und Kirche, neue Turnhalle, Neubau für die Naturwissenschaften, Gestaltung und Umgestaltung des Pausengeländes (Schulgarten, Sportplatz).

In der „inneren“ Struktur erlebten Schule und Schulgeschichte vor einigen Jahren eine bedeutsame Veränderung: Schwester Carola Kahler übergab die Schulleitung nach 34 Jahren am 1.2. 2004 an Günter Kunert, Jahrgang 1957, Lehrer für Deutsch und Musik und Leiter des Vokalensembles unserer Schule. Schwester Carola, als Oberin des „Conventes der Ursulinen zu Breslau in Bielefeld“ zugleich Repräsentantin des Schulträgers, und Günter Kunert als Schulleiter wirken nun zusammen, um die Zukunft der Marienschule aus der ursulinischen Tradition heraus zu gestalten.

In Hinsicht auf die schul- und unterrichtsorganisatorischen Strukturen und entsprechend den bildungspolitischen Möglichkeiten im Lande NRW reagierte die Schule seit Gründung der Bundesrepublik auf die jeweiligen Erfordernisse im Bereich von Bildung und Erziehung:

  • mit Integrationsprogrammen für Spätaussiedler (seit 1962)
  • mit der Einrichtung des wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Aufbauzweiges für
  • Realschulabsolventen (1966)
  • mit der Einführung der Koedukation (1971)
  • mit dem Vorlaufmodell zur reformierten Oberstufe (1972)

Die Marienschule ist durch die Mitarbeit u.a. in der ODIV (Verband der Direktoren von Ordenschulen) und im AKS (Arbeitskreis katholischer Schulen) eingebunden in die Strukturen des katholischen Schulwesens in Deutschland und hat dadurch regelmäßig Anteil an Erfahrungen und Initiativen der hier vertretenen Schulen.

In ihrer langen Geschichte bemühte und bemüht sich die Marienschule, in jungen Menschen den Sinn für Gott und den Nächsten zu wecken und zu stärken, ihren Erwartungen durch Zuwendung und Förderung zu entsprechen und ihnen fachliche und menschliche Hilfe zur Bewältigung ihrer Lebensaufgaben zu geben – sei es seit 1687 in Breslau , sei es seit 1946 in Bielefeld: aus ursulinischer Tradition, mit katholischem Profil und in ökumenischem Geist (vgl. Programm/Die Marienschule – eine kirchliche Schule).

„Stiftung Marienschule der Ursulinen“ in Bielefeld errichtet – Nach langer Schulgeschichte in Breslau und Bielefeld geben die Ursulinen die Schulträgerschaft in andere Hände

Mit Freude und Dankbarkeit konnte am  Vormittag des 26.1. 2009, Vortag des Festes der hl. Angela, ein lange vorbereitetes Ereignis gefeiert werden: Der „Convent der Ursulinen zu Breslau in Bielefeld“ gab die Trägerschaft der Marienschule Bielefeld in die Verantwortung der neu gegründeten „Stiftung Marienschule der Ursulinen“.

Zur Proklamation der neuen Stiftung konnte S. Carola Kahler OSU, Oberin des Bielefelder Ursulinenkonventes, in einer Feierstunde am Vormittag in der Marienschule die Repräsentanten der beteiligten Institutionen begrüßen:

für die Bezirksregierung Detmold Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl;  für das Erzbistum Paderborn Domkapitular Msgr. Joachim Göbel, Leiter der HA Schule und Erziehung im Generalvikariat; für die Stadt Bielefeld Oberbürgermeister Eberhard David. Anwesend waren zudem weitere Mitarbeiter der Bezirksregierung bzw. der Stadt Bielefeld.

Die katholische Seite vertraten weiterhin Dompropst Dr. Hentze als erzbischöflicher Beauftrager für den Konvent; Dechant Klaus Fussy, der Pfarrer der „Heimatgemeinde“ der Marienschule St. Johannes Baptist; Pastor StD Hans Prüfert, Schulseelsorger der Marienschule, sowie S. Ingeborg Wirz OSU aus dem Ursulinenkonvent Duderstadt, Präsidentin der Föderation der deutschsprachigen  Ursulinen.

Für die Marienschule nahmen der Schulleiter OStD Günter Kunert, Vertreter des Lehrerrates, der Schülervertretung, der Elternschaft und des Fördervereins an der Feierstunde teil. Anwesend waren außerdem Elmar Brok MdEP, Dr. Michael Gerhardts, Bevollmächtigter des Schulträgers, Prof. Dr. Gernot Sydow, ehemaliger Marienschüler und Justitiar im Bistum Limburg,  sowie ehemalige Schüler, Eltern und Freunde der Marienschule.

In ihrer Begrüßung dankte S. Carola der Regierungspräsidentin und den beteiligten Dezernaten und Persönlichkeiten der Bezirksregierung für die wohlwollende und zügige, „sogar inspirative Kooperation“.

Den hohen Repräsentanten des Erzbistums, Dompropst Dr. Hentze und Domkapitular Göbel, sprach sie ihren nachdrücklichen Dank für das intensive Engagement des Erzbistums und für die Zustimmung des Herrn Erzbischofs zum Stiftungsvorhaben gem. CIC aus.

An Oberbürgermeister David und den Beigeordneten Dr. Pohle richtete S. Carola die Zusage, dass die Marienschule auf der Grundlage der bisherigen guten Zusammenarbeit weiter in der Stadt arbeiten werde, denn – „Wir gehen nicht stiften!“

Als eine Gelegenheit,  hier einmal zwei Präsidentinnen zu begrüßen, kennzeichnete S. Carola diesen Festakt, und dankte damit S. Ingeborg Wirz OSU, der höchsten Repräsentantin der deutschen Ursulinen für ihre schwesterliche Unterstützung.

Den Bielefelder Mitschwestern sprach S. Carola Dank für die gemeinsame Energie aus, denn darin habe sich das Motto bewahrheitet: „Eine Ursuline gibt nie auf – wenn es um Schule geht!“

Mit herzlichem Dank für ihren Einsatz und ihre Hilfsbereitschaft wandte sich S. Carola an Dr. Gerhardts und Prof. Dr. Sydow sowie an weitere Persönlichkeiten aus der Pfarrei, aus der evangelischen Kirche, aus dem Kreis ehemaliger Schüler bzw. ehemaliger Eltern, die Vertreter des Fördervereins , der Elternpflegschaft, des Kollegiums , der Mitarbeitervertretung und der Schülervertretung. Gerade für die jetzigen und künftigen Schüler und Schülerinnen habe die Marienschule nun diese  neue Trägerkonstruktion.

Seit 1.6.1946 gibt es die Marienschule der Ursulinen in Bielefeld, begründet vom Breslauer Ursulinenkonvent. Nach der Vertreibung aus Breslau erhielten die Schwestern von Erzbischof Lorenz Jaeger die Einladung und die Ermunterung, die jahrhundertelange Breslauer Schulgeschichte – seit 1687 – doch hier im Erzbistum Paderborn, am Standort Bielefeld (mit einem Katholikenanteil von z.Zt. 16,8 %), fortzuschreiben.

Zunächst am Klosterplatz in der Mitte der Stadt angesiedelt, seit 1950 auf dem jetzigen, der Pfarrei St. Johannes Baptist gehörenden weitläufigen Areal in Bielefeld-Schildesche zu Hause,  entwickelte sich über 63 Jahre hinweg ein Gymnasium, das aus der Bielefelder Schullandschaft nur schwerlich wegzudenken ist und überdies in der Bielefelder Öffentlichkeit als bekannte „katholische Adresse“ wahrgenommen wird.

Diese weitgefächerte Geschichte würdigten  Regierungspräsidentin Fr. Thomann-Stahl, Msgr. Göbel und Oberbürgermeister David in ihren jeweiligen Ansprachen, die den eigentlichen Proklamationsakt – die Verlesung der Stiftungsurkunde und ihre Überreichung durch die Regierungspräsidentin an S. Carola – umrahmten:

Fr. Thomann-Stahl bedankte sich bei den Schwestern für die jahrzehntelange pädagogische Arbeit in Bielefeld und bekundete ihre Gewissheit, dass die Marienschule als katholische Schule auch unter dem Dach der Stiftung die bewährte ursulinische Tradition fortsetzen werde. Domkapitular Msgr. J. Göbel nahm auf das Leitwort der Ordensgründerin S. Angela Merici Bezug („Bleibt auf dem alten Weg und lebt ein neues Leben!“) und übermittelte der Stiftung die herzlichen Grüße von Erzbischof Hans-Josef Becker. Mit besonderem Dank für S. Carola verband Bielefelds Oberbürgermeister E. David seinen Blick auf die bisherige und künftige Bedeutung  der Marienschule in und für Bielefeld.

In ihren abschließenden Ausführungen zur „Herkunft und Zukunft ursulinischer Erziehungs- und Bildungstradition“  zog S. Carola eine  Linie von der Renaissance bis in die Gegenwart: Angela Merici habe in ihrer Zeit mit der von ihr gegründeten  Gemeinschaft von Frauen  eine solche geistliche Ausstrahlung entwickelt, dass ihnen Erziehung und Bildung junger Frauen  zugetraut und anvertraut wurden. Offensichtlich hätten sie das verlässliche Fundament, das Erziehung und Bildung zu allen Zeiten und jenseits aller Fragen der Schulorganisation brauchen, überzeugend verkörpert – was bis heute durch die ungebrochene „Nachfrage“ nach den Ursulinenschulen bewiesen werde. In der Tatsache, dass dem heute aber kein „Angebot“ an Ordensfrauen mehr entspricht, werde erkennbar, dass „Berufungen für das lebenslange Leben“ eben nicht den marktwirtschaftlichen Gesetzen unterliegen. Grundorientierungen ließen sich durch Dialog und Vorbild an junge Menschen weitergeben – Berufungen nicht. Für die Wahrnehmung der aktuellen Entwicklungen und um ihnen standzuhalten, brauche es einen „spirituellen Realitätssinn“, der die demographischen Daten ernst nimmt, sich aber letztlich dadurch nicht erschüttern lässt.

Die neue Stiftung werde nun das institutionelle Fundament dafür sein, dass die ursulinische Tradition der Schule für die Zukunft den nötigen  stützenden Rahmen  erhält; sie sei auch Ausdruck politischer und kirchlicher Verbindlichkeit. Den Impuls. durch Schule eine kritische Zeitgenossenschaft, soziale Verantwortungsbereitschaft und religiöse Orientierung zu ermöglichen, geben die Ursulinen – so S. Carola abschließend –  an die Stiftung „mit uneingeschränktem Vertrauen und mit geistlich motivierter Zuversicht“ weiter.

Abendlicher Höhepunkt war ein für Lehrerkollegium, Eltern und Freunde der Schule gehaltener Gottesdienst, den Dompropst Dr. Hentze in der Ursulinenkirche, assistiert von den Diakonen C. Bertram und M. Albrecht, mit Pastor H. Prüfert konzelebrierte und der vom Vokalensemble musikalisch gestaltet wurde.

In seiner Homilie ging der Dompropst auf die hl. Angela, ihr Wirken und das Werk der Schwestern dieses Konventes ein, denen er bekundete, dass sie mit allen ihren Kräften dem Leben der Menschen gedient hätten, und denen er zusagte: „Wir wollen weiterbauen am Werk der Schwestern, zum Wohl der jungen Menschen und auch zum Nutzen, zur Lebendigkeit  der Kirche von Paderborn hier in Bielefeld“.  Es gehe nicht um ein „Museum Marienschule Bielefeld“, sondern um eine Schule, die weiterhin den Jugendlichen „Helfer und Wegbegleiter für ein gelingendes Leben“ sein könne und „in der das Evangelium Raum hat – nicht nur Nischen“. Mit Segenswünschen für die Schwestern zu ihrem Ordensfest und für die ganze Schulgemeinde und mit in einem auf die hl. Angela bezogenen Bittgebet beschloss Dr. Hentze seine Predigt.